Veronese: Der Cuccina-Zyklus. Das restaurierte Meisterwerk

Die Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden besitzt ein umfangreiches Konvolut an Gemälden von Paolo Caliari, genannt Veronese (1528–1588), der als einer der bedeutendsten Vertreter der venezianischen Renaissancemalerei gilt. Unter den Dresdner Gemälden sticht der Cuccina-Zyklus aufgrund seiner herausragenden künstlerischen Qualität sowie seiner typengeschichtlichen und ikonographischen Besonderheiten hervor.

 

Die Ausstellung „Veronese: Der Cuccina-Zyklus. Das restaurierte Meisterwerk“ feiert die Vollendung einer sehr komplexen und forschungsintensiven Restaurierung. Die hohe Sinnlichkeit der Malerei, die brillante Schönheit des Kolorits, die herausragende Qualität der dargestellten Gewänder, wie auch die Lebendigkeit der Personen und ihre ausgeprägten Charaktere treten so nach fast 450 Jahren wieder ans Licht.

Von Veronese vermutlich um 1571 im Auftrag der im Stoffhandel tätigen venezianischen Kaufmannsfamilie Cuccina angefertigt, besteht die Serie aus vier großformatigen Ölgemälden. Sie zeigen „Die Anbetung der Könige“, „Die Hochzeit zu Kana“, „Die Kreuztragung“ und „Die Madonna der Familie Cuccina“. Die figurenreichen Darstellungen zeichnen sich durch eine große Detailfreude und Wirklichkeitsnähe sowie eine erzählfreudige Kompositionsstruktur aus. Während drei Gemälde Begebenheiten aus dem Leben Christi zeigen, präsentiert das Votivbild „Die Madonna der Familie Cuccina“ bühnenartig die große Familie der Auftraggeber.

Der Bilderzyklus erregte schon früh Aufmerksamkeit: Nachdem bereits im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts Kardinal Francesco Barberini sowie der englische König Karl I. großes Interesse an den Gemälden bekundet hatten, gelangten sie 1645 in den Besitz des Herzogs von Modena, Francesco I. d’Este. Rund hundert Jahre später, 1746, erwarb ihn schließlich der sächsische Kurfürst und polnische König August III. zusammen mit weiteren 96 Meisterwerken der Estensischen Sammlungen für die Dresdner Gemäldegalerie.

Die drei heiligen Könige sowie weitere Personen und Tiere verbeugen sich vor Maria und dem Christuskind

© SKD, Foto: Herbert Boswank Paolo Veronese, Die Anbetung der Könige, um 1571Öl auf Leinwand, 206 x 455 cm, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden

Quellen des 18. und 19. Jahrhunderts belegen, dass man die vier Gemälde seit ihrer Ankunft in Dresden immer wieder restauratorischen Bearbeitungen unterzogen hatte. Diese lagen unter anderem in Veroneses virtuoser Maltechnik begründet: Der Künstler verwendete Ölfarben aus kupferhaltigen Pigmenten für blaue und grüne Farbtöne. Diese instabilen Pigmente verloren früh ihren ursprünglichen Farbcharakter. Zudem waren Haftungsprobleme zwischen den Grundierungsschichten und der Malschicht wiederholt Ursache für kleinteilige Malschichtverluste. Alte Doublierungen, Retuschen und Übermalungen sowie stark vergilbte Firnisschichten prägten den Gesamteindruck. Hinzu kamen akute Lockerungen der Farbschichten, die nur partiell bearbeitet werden konnten. Mit der Teilschließung der Sempergalerie 2013 stand deshalb die Restaurierung der vier Großformate an. Insgesamt mussten 33 Quadratmeter Bildfläche grundlegend bearbeitet werden.

Im Zentrum der Ausstellung, die durch nationale und internationale Leihgaben eine bereichernde Erweiterung findet, stehen die vier restaurierten Gemälde. Ergänzend werden zum ersten Mal die beiden einzigen Skizzen Veroneses, die zum Cuccina-Zyklus überliefert sind, wieder mit den Bildern zusammengeführt. Die Ausstellung gibt zudem einen Einblick in die Restaurierung und die naturwissenschaftlichen Analysen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Veroneses Farben, darunter die kostbare mexikanische Cochenille, die als Textilfärbemittel und als Malfarbe Berühmtheit erlangte und deren Importmonopol von der Familie Zuanna Cuccinas mit gehalten wurde. Veronese setzte den roten Farblack in den Gemälden des Cuccina-Zyklus geradezu verschwenderisch ein. Röntgenaufnahmen und Infrarot-Reflektografien ermöglichten spannende Erkundungen unter der Oberfläche der Bilder und machten den Malprozess des Künstlers sichtbar. Ebenso werden Materialität, Textur und Kostbarkeit der dargestellten Kleidung thematisiert. Dabei erweitern historische Kleider und Stoffe aus der Rüstkammer und dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die Schau. Werke von Tizian und Veronese zeigen exemplarisch die hohe Kunst der venezianischen Porträtmalerei. Nicht zuletzt wird die Geschichte des Cuccina-Zyklus durch Zeichnungen und Grafiken anschaulich gemacht.

Die drei heiligen Könige sowie weitere Personen und Tiere verbeugen sich vor Maria und dem Christuskind

© SKD, Foto: Herbert Boswank
Paolo Veronese, Die Anbetung der Könige, um 1571Öl auf Leinwand, 206 x 455 cm, Gemäldegalerie Alte Meister Dresden

Interaktive Medienstationen sowie Augmented Reality-Anwendungen, entwickelt von Studierenden des Fachbereichs Mediengestaltung der Technischen Universität Dresden, laden die Besucher zu weiteren Entdeckungen ein.

Marion Ackermann, Generaldirektorin der SKD: „Das Jahr 2018 wurde zum Europäischen Kulturerbejahr ausgerufen. Genau in diesem Jahr beenden die SKD nach vierjähriger Restaurierungsphase die Arbeiten am Cuccina-Zyklus und machen damit ein Hauptwerk des venezianischen Malers Veronese erneut zugänglich. Mit diesem Projekt dokumentieren die SKD nicht nur ihre Aufgabe, die ihr anvertrauten Kunstschätze für die Gegenwart und Zukunft zu erhalten, sondern erweisen sich auch als Wissenschaftsinstitution und Ort lebendiger Vermittlung. Ohne die immense Unterstützung unserer Förderer und Sponsoren wäre dieses Projekt nicht denkbar gewesen. Mein Dank gilt daher denen, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben und seit vielen Jahren immer wieder als verlässliche Partner an unserer Seite stehen.“

Stephan Koja, Direktor der Gemäldegalerie Alte Meister und der Skulpturensammlung vor 1800: „Die Restaurierung des Cuccina-Zyklus ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Wiedereröffnung der Sempergalerie im Sommer 2019. Sie weckt große Vorfreude auf den Augenblick, in dem wir im generalsanierten und modernisierten Gebäude die vier großformatigen Werke in unmittelbarer Nähe zu den Meisterwerken der anderen großen venezianischen Maler des 16. Jahrhunderts, wie Tizian und Tintoretto, werden sehen können. Heute geben wir den Cuccina-Zyklus, der seit seiner Ankunft in Dresden im Jahr 1746 zu den ständig ausgestellten Werken der Gemäldegalerie gehörte, der Öffentlichkeit zurück. Damit feiern wir die Vollendung einer sehr komplexen und forschungsintensiven Restaurierung, die ohne die großzügige Unterstützung unserer Förderer und Sponsoren nicht möglich gewesen wäre.“

Das Projekt wurde dank der großzügigen Unterstützung dreier Stiftungen, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Schoof’schen Stiftung und der Hirmer Stiftung Dresden sowie mit Hilfe von Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (Programm »Investitionen für nationale Kultureinrichtungen in Ostdeutschland – Invest Ost«) und des Freistaates Sachsen möglich.

Die Ausstellung wird kuratiert von Christine Follmann, Marlies Giebe und Andreas Henning.

Die Restaurierung der vier großformatigen Gemälde wurde innerhalb der Jahre 2013 bis 2017 von sechs freiberuflichen Restauratoren geleistet: Evelyn Adler und Jan Sacher („Anbetung der Könige“ und „Kreuztragung“), Tobias Lange und Anke Stenzel („Hochzeit zu Kana“) sowie Kathrin Jacob und Sabine Posselt („Madonna der Familie Cuccina“). Die vergoldeten barocken Galerierahmen, insgesamt 53 Meter Rahmenleisten, wurden im selben Zeitraum durch die freiberuflichen Restauratoren Timo Fregin, Karen Gäbler, Theresa Herrmann, Jörg Kestel, Tania Korntheuer-Wardak und Stephan Thürmer bearbeitet.